Kapitel 5
Danach war das Fest der Juden und Jesus stieg hinauf nach Jerusalem./ In Jerusalem gab es aber etwas am Schafsteich, was auf Hebräisch Bethsatha genannt wurde und aus fünf Säulenhallen bestand./ In diesen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme und Ausgezehrte, die auf die Bewegung des Wassers warteten./ Denn ein Engel stieg immer mal wieder plötzlich herab und brachte das Wasser in Wallung. Der Erste, der nach der Wallung des Wasser hineinstieg, wurde gesund - egal welches Gebrechen er hatte./ Dort war auch ein Mensch, der 38 Jahre nun schon seine Krankheit ertrug./ Diesen sah Jesus dort liegen und erkannte, dass er schon lange Zeit in dieser Lage war. Er sprach zu ihm: Willst du gesund (rein) werden?/ Der Kranke erwiderte ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, wenn das Wasser in Wallung gerät, zum Teich bringt. Wenn ich aber selber gehe, steigt ein anderer vor mir hinein./ Jesus sprach zu ihm: Auf, nehme deine Liege und breche auf./ Und sofort wurde der Mensch gesund, nahm seine Liege und brach auf./
Aber es begann der Sabbat an diesem Tag./ Deswegen sagten die Juden zum Geheilten: Es ist Sabbat und da darfst du nicht deine Liege tragen./ Er erwiderte ihnen: Der mich gesund gemacht hat, sagte zu mir: Nimm deine Liege und breche auf./ Sie fragten ihn: Wo ist der Mensch, der ich aufforderte (ermutigte): Nimm sie und breche auf?/ Der Geheilte wusste aber nicht, wer er gewesen war, denn Jesus hatte sich entzogen, da viele an dem Ort waren./ Später aber findet er Jesus im Heiligtum und da spricht er zu ihm: Siehe, gesund bist du geworden! Sündige nicht mehr, damit nicht Schlimmeres geschieht!/ Da ging der Mensch und verkündete den Juden, dass es Jesus war, der ihn geheilt hatte./ Und deshalb verfolgten die Juden Jesus, denn er hatte eben dies an einem Sabbat getan./
Jesus aber antwortete ihm: Mein Vater wirkt bis jetzt - und auch ich wirke./ Deswegen suchten die Juden noch entschlossener, ihn zu töten, nicht allein, weil er den Sabbat (auf)lösen wollte, sondern auch Gott seinen Vater nannte und sich selbst so zu Gott machte./ Jesus erwiderte also und sprach zu ihnen: Amen, Amen, ich sage euch, der Sohn kann selber nichts wirken, sondern nur das, was er sieht, dass der Vater es auch wirkt. Denn was er wirkt, wirkt in gleichweise auch der Sohn./ Denn der Vater liebt den Sohn und alles zeigt er ihm, was er selber tut. Und noch größere seiner Werke wird er zeigen, so dass ihr staunen werdet./ Und genauso wie der Vater Tote lebendig macht, so will auch der Sohn lebendig machen./ Und so richtet der Vater niemanden, sonder er hat das ganze Gericht dem Sohn übertragen,/ so dass alle den Sohn ehren (bzw. zum Maß haben). Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn ausgesendet hat./
Amen, Amen, ich sage euch, wer mein Wort hört und an den glaubt, der mich ausgesendet hat, wird ewiges Leben haben und wird nicht ins Gericht kommen, sondern ist hinübergegangen (aufgehoben) vom Tod ins Leben./ Amen, Amen, ich sage euch, es gibt die Stunde - und diese ist jetzt - wo die die Toten hören die Stimme des Gottessohnes und die hierauf hören, werden leben./ Denn so wie der Vater Leben aus sich selbst heraus hat, ebenso hat er dem Sohn gegeben, Leben aus sich heraus zu haben./ Und er hat gegeben das Gericht auszuführen, da er der Menschensohn ist./ Wundert euch nicht, dass die Stunde kommen wird, in der alle, die in den Gräbern (unserer Erinnerung) sind, hören auf seine Stimme/ und heraustreten werden die, die Gutes getan haben, zum Aufbruch ins Leben. Die aber das Schlechte gemacht haben, zum Aufbruch ins Gericht (in die Trennung)./
Nichts kann ich tun aus mir selbst heraus: So wie ich höre, richte ich. Und auf diese Weise ist mein Gericht gerecht, weil ich nicht meinen Willen suche, sondern den Willen, der mich gesandt hat./ Bezeuge ich mich selbst, so gilt mein Zeugnis nicht als Wahrheit./ Ein anderer bezeugt mich und deswegen ist dieses Zeugnis wahr, womit er mich bezeugt./ Ihr habt zu Johannes gesandt, und er hat die Wahrheit bezeugt./ Für mich gilt zwar dass Zeugnis eines Menschen nicht, aber ich erzähle euch von diesem Zeugnis, damit ihr gerettet werdet./ Er war eine Leuchte, die brennt und scheint. Ihr aber wolltet euch nur eine Zeit lang von diesem Licht faszinieren lassen./
Ich habe aber ein Zeugnis, das größer ist, als das des Johannes. Das sind die Werke, die mir vom Vater übergeben werden, und ich muss sie vollenden./ Diese Werke, die ich getan habe, zeugen für mich, dass mich der Vater gesandt hat./ Und der Vater der mich ausgesandt hat, er hat so mich bezeugt. Seine Stimme aber habt ihr nicht gehört, genauso wenig habt ihr sein Antlitz gesehen./ Und sein Wort habt ihr nicht bleibend in euch (nicht verinnerlicht/realisiert), da ihr dem, der gesandt worden ist, nicht glaubt./ Ihr durchforscht die Schriften, da ihr vermutet dort das ewige Leben zu finden - aber auch sie sind nur Zeugnisse für mich./ Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, um Leben zu haben./
Verherrlichung von Menschen nehme ich nicht an, denn ich habe euch erkannt: Ihr habt nicht die Liebe zu Gott in euch./ Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht an. Wäre ein anderer gekommen im Namen seiner selbst, so hättet ihr ihn angenommen./ Wie könnt ihr glaubend werden, wenn ihr Verherrlichung nur voneinander nehmt und die Herrlichkeit aus Gott allein sucht ihr nicht?/
Geht nicht davon aus, dass ich euch beim Vater anklagen werde. Es ist Moses, der euch anklagt, als der, auf den ihr hofft./ Aber glaubt ihr noch nicht einmal seinen Schriften, wie könnt ihr meinen Worten glauben?
5, 1-9
Danach war das Fest der Juden und Jesus stieg hinauf nach Jerusalem./ In Jerusalem gab es aber etwas am Schafsteich, was auf Hebräisch Bethsatha genannt wurde und aus fünf Säulenhallen bestand./ In diesen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme und Ausgezehrte, die auf die Bewegung des Wassers warteten./ Denn ein Engel stieg immer mal wieder plötzlich herab und brachte das Wasser in Wallung. Der Erste, der nach der Wallung des Wasser hineinstieg, wurde gesund - egal welches Gebrechen er hatte./ Dort war auch ein Mensch, der 38 Jahre nun schon seine Krankheit ertrug./ Diesen sah Jesus dort liegen und erkannte, dass er schon lange Zeit in dieser Lage war. Er sprach zu ihm: Willst du gesund (rein) werden?/ Der Kranke erwiderte ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, wenn das Wasser in Wallung gerät, zum Teich bringt. Wenn ich aber selber gehe, steigt ein anderer vor mir hinein./ Jesus sprach zu ihm: Auf, nehme deine Liege und breche auf./ Und sofort wurde der Mensch gesund, nahm seine Liege und brach auf./
Mich hat diese Geschichte immer sehr direkt angesprochen, allerdings war mir nie wirklich klar warum, weil es eigentlich nicht an einer besonderen Bedeutung liegt, die ich damit verbinde, sondern eher daran, dass ich mich besonders innig in diesen Kranken und in die Umgebung einfühlen kann.
Der Kranke liegt da mit anderen Kranken und hat die Heilung, durch den heilenden Teich, direkt vor Augen - und doch ist das Heil für ihn unerreichbar. Es sind Kranke im doppelten Sinne, denn diese Situation, dass Heil unerreichbar vor Augen zu haben, lähmt sie, macht sie blind, lässt sie keinen Ausweg sehen und zehrt sie so letzen Endes immer mehr aus. Einer davon war schon 38 Jahre in dieser Situation, die so eigentlich unaushaltbar ist. Diesen sah Jesus und erkannte seine festgefahrene und ausweglose Lage.
Und Jesus fragt etwas, was allen Kranken dort absurd und geradezu anmaßende und verhöhnend erscheinen muss: Er fragt ihn, ob er überhaupt gesund werden will! Denn wer will schon nicht aus dieser Situation heraus? Es ist kaum eine schrecklichere Lage vorstellbar, als die, in der die Kranken in Bethsatha sind. Und gleichzeitig wird er diesen Sprung aber nicht aus eigenem Willen schaffen, dies ist die paradoxe Lage hier, aber auch bei allen anderen wesentlichen Lebensentscheidungen. Er muss sich aus dem tiefsten Willen befreien wollen, dafür muss er sich aber erst einmal aus seiner jetzigen Situation lösen, in die er sich, so wenig schön sie halt auch ist, aber in die er sich eingerichtet hat in den letzten 38 Jahren. Es ist vertraut geworden am Teich, es ist ein gefügter-verlässlicher Alltag und er weiß wen er mag und wen nicht. Von all dem muss er sich lösen, um aufbrechen zu können. Aber selbst wenn er dies alles schafft, kann er den Aufbruch nicht alleine vollziehen, da der Aufbruch nicht auf der gleichen Ebene wie sein Wille liegt. Denn hier ist ein Sprung nötig. Und für das Springen braucht man einen Zuruf, eine Aufforderung, einen Ruf, der nur mir gilt, der mein Eigentliches anspricht - und mein Eigentliches gehört nicht mir, dies besitze ich nicht wie ein Gut oder Eigentum, sondern hierzu werde ich immer wieder aufgerufen zum Aufbruch, um es mir schenken zu lassen. Mein Eigenstes kann ich mir nicht selber geben, sondern erhalte es immer von einem Gegenüber geschenkt, sei es von einem Kind (die dies noch besonders gut können), in einer Liebe oder in einer lebendigen Gottesbeziehung.
Und dieser blinde und lahme Mensch, der so sehr ausgezehrt ist, erkennt immer noch nichts. Er gibt ihm seine blinde rationale Erklärung, warum er krank bleiben muss. Er hat gar nicht auf Jesus Frage richtig hingehört. Er spult eher seinen Film ab, den er jeden Tag hunderte Mal vor sich hinjammert.
Jesus Antwort zeigt, dass er ganz woanders ist als der Kranke, denn er spricht als Gesunder. Denn er bietet ihm nicht an, ihm dabei behilflich zu sein und ihn zum Teich zu tragen. Dies wäre die nächstliegende Möglichkeit, wenn man in der Erzählung des Kranken bleiben würde. Aber damit wäre eh nur sein „Furunkel“ am Fuß weg, als ganzer Mensch wäre er weiter genauso krank. Jesus bleibt dagegen ganz in der Logik seiner ersten Frage: Wenn du wirklich tief aus dir drinnen heraus willst, dann steh halt auf und gehe los! Aber nicht nur, dass er zum Teich selber gehen soll. Sondern er soll in sein Leben aufbrechen. Jesus zitiert hier quasi das Mantra des Herz-Sutras: Auf, Auf… jiedie, jiedie!
Jesus durchbricht damit die bisherige Selbstwahrnehmung des Liegenden. Und dieser Mensch wird dadurch gesund und kann dadurch tatsächlich losgehen. Es ist kein Wunder, was der Vatikan immer sucht, was Naturgesetze ausser Kraft setzt. Darum geht es hier gar nicht. Jesus bricht die festgefahrene Haltung des krank Daliegenden auf. Denn der Kranke hat alles schon in sich. Das Wunder ist, dass der Liegende loslassen kann, vom allem, was ihn bisher gelähmt hat.
Deswegen ist die Übersetzung vom „Wandeln“ hier etwas irreführend. Denn es geht nicht darum, dass er jetzt ziellos einfach wieder seine Beine benutzen kann. Aber was bedeutet dieser Aufbruch. Bedeutet es einfach die Entschlossenheit, wenn ich will, kann ich alles erreichen. Ich muss nur aus dem Liegen aufstehen. Und dann kann ich selbst wie Donald Trump amerikanischer Präsident werden?
Adrienne von Speyr weist darauf hin, dass Jesus, indem er hier schenkt, auch gleichzeitig anfordert. Ich muss zwar selber mit meinem Willen aufbrechen, ich muss den Anfang machen, aber dann ist bei Jesus unter Freiheit immer viel mehr gemeint. Denn es ist nicht einfach eine Freiheit von etwas, sondern eine Freiheit hin zu etwas. Der Kranke lässt zwar seine kranke Wahrnehmung aus eigenem Entschluss fallen, aber damit wandelt er nicht ziellos oder nach seinem eigenen Willen durch die Gegend, sondern bindet sich. Und dies ist eine Bindung, die noch stärker ist, als die Bindung des Kranken an seine selbstmitleidige Ausweglosigkeit. Eine kranke Bindung wird nicht hinzu einer einfachen Freiheit aufgelöst, sondern in eine gesunde Bindung durch Jesus an Gott überführt.
Es ist kein neuzeitliches Versprechen, dass der Mensch alles aus sich heraus kann. Zwar hat die Neuzeit viele kranke Bindungen aufgelöst (und die Kirche war immer sehr gut darin auch solche kranke Bindungen zu etablieren) und hier wurde tatsächlich ein wesentlicher Fortschritt erzielt. Aber diese Haltung bleibt auf halben Wege stehen, weil es nur um die Freiheit wovon geht… und dies dann meist im Nihilismus endet. Jesus will aber eine kranke Bindung durch eine gesunde ersetzen und dies kann der Mensch nicht aus sich selbst heraus leisten, sondern muss auf einen „Anderen“ hören, seinem Ruf und seiner Aufgabe folgen. Und dies kann ein neuzeitliches autonomes Subjekt dann nicht mehr leisten.
5, 9-23
Aber es begann der Sabbat an diesem Tag./ Deswegen sagten die Juden zum Geheilten: Es ist Sabbat und da darfst du nicht deine Liege tragen./ Er erwiderte ihnen: Der mich gesund gemacht hat, sagte zu mir: Nimm deine Liege und breche auf./ Sie fragten ihn: Wo ist der Mensch, der ich aufforderte (ermutigte): Nimm sie und breche auf?/ Der Geheilte wusste aber nicht, wer er gewesen war, denn Jesus hatte sich entzogen, da viele an dem Ort waren./ Später aber findet er Jesus im Heiligtum und da spricht er zu ihm: Siehe, gesund bist du geworden! Sündige nicht mehr, damit nicht Schlimmeres geschieht!/ Da ging der Mensch und verkündete den Juden, dass es Jesus war, der ihn geheilt hatte./ Und deshalb verfolgten die Juden Jesus, denn er hatte eben dies an einem Sabbat getan./
Jesus aber antwortete ihm: Mein Vater wirkt bis jetzt - und auch ich wirke./ Deswegen suchten die Juden noch entschlossener, ihn zu töten, nicht allein, weil er den Sabbat (auf)lösen wollte, sondern auch Gott seinen Vater nannte und sich selbst so zu Gott machte./ Jesus erwiderte also und sprach zu ihnen: Amen, Amen, ich sage euch, der Sohn kann selber nichts wirken, sondern nur das, was er sieht, dass der Vater es auch wirkt. Denn was er wirkt, wirkt in gleichweise auch der Sohn./ Denn der Vater liebt den Sohn und alles zeigt er ihm, was er selber tut. Und noch größere seiner Werke wird er zeigen, so dass ihr staunen werdet./ Und genauso wie der Vater Tote lebendig macht, so will auch der Sohn lebendig machen./ Und so richtet der Vater niemanden, sonder er hat das ganze Gericht dem Sohn übertragen,/ so dass alle den Sohn ehren (bzw. zum Maß haben). Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn ausgesendet hat./
Von den Juden wird der Geheilte aber direkt angeschissen wegen einer Kleinigkeit: Denn „oberstes göttliches Gebot“ man darf seine Liege nicht am Sabbat tragen. Dies ist so eine unglaubliche Lappalie angesichts dessen, dass der Mann nach 38 Jahren geheilt wurde. Und es zeigt wie blind die Juden selbst sind, denn sie sehen nur ihr Gesetz mit den Unterparagraphen und nicht Gott und das Leben.
Der Geheilte ist zumindest ein Stück weiter, denn er begründet sein Handeln damit, dass der, der ihn gesund gemacht hat, dies gesagt hat. Er hat dies zusammen mit der Gesundheit einfach mitangenommen. Aber verstehen tut er es nicht, weil er hat Jesus nicht erkannt, der sich auch entzogen hat. Als er Jesus später im Heiligtum findet, erläutert Jesus ihm dies etwas mehr, so dass er nicht mehr sündigen soll. Er zeigt ihm sozusagen den Grund seiner Krankheit.
Der Mann verkündet dann aber den Juden, dass es Jesus war. Die Juden fangen dann aber nicht etwa an, an ihn zu glauben, sondern sie einigen sich darauf, ihn zu verfolgen und zu töten.
Vielleicht macht es Sinn diesen Abschnitt von hinten zu lesen. So hat der Vater den Sohn ausgeschickt hat, damit alle nicht nur den Vater ehren, sondern auch den Sohn. Aber dies hat nicht den Zweck in sich selbst, also wie eine Person, die auf Wertschätzung ihres Status Wert legt (also eine Person, die auf die Ansprache mit Dr. oder Prof. besteht). Es geht darum, dass man den Sohn wertschätzt, d.h. an ihm Maß nimmt, ihn ehrt in seine Ausrichtung und ihn als Richtung für einen selbst nimmt - wie unvollkommen dann eine Nachfolge auch immer aussehen mag.
Und der Sohn kann Maßstab sein, nicht weil er göttliches Wissen und Handlungsvermögen von sich aus hat. Denn dann könnte ihn ein „Mensch“ nicht nachfolgen. Der Sohn kann Maßstab sein, weil er in dem was er tut, auf das schaut, was der Vater tut. Er tut sozusagen parallel, dass was der Vater tut… wie im Himmel, so auf Erden. Er handelt nicht aus seiner eigenen Vorstellung, sondern gehorcht und folgt selber nur dem Vater.
Aber hier hat der Sohn, dann doch ein Privileg gegenüber den Menschen… denn er sieht offensichtlich direkt und ohne Zweifel, was der Vater tut. Ich sehe dies selbst nur äußerst selten klar, und da wo ich es meine besonders klar zu sehen, liege ich oft im Nachhinein gesehen falsch. So sind sich die ganzen Fundamentalisten ihrer Sache so sicher, dass sie genau den Willen des Vaters erfüllen - und liegen dann doch so falsch (mögen sie im Vatikan, in Afghanistan oder in St. Pantaleon sitzen).
Um dies quasi transparenter zu machen, ist der Sohn geschickt worden. An ihm kann man konkreter sehen, wie jemand aussieht und handelt, der dem Tun und Willen des Vaters folgt. Er ist ein Exemplar, ein Beispiel, ohne dass man direkt so dieses Leben nachahmen kann und darf.
Jesus ist die Metapher unseres Lebens. Es ist dieser Vergleich oder auch der Abgleich, also der immer neue Versuch, unser Leben als Jesus zu leben. „Nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2, 20) Und eine Metapher ist nur eine Metapher, wenn sie immer neu ist, wenn sie lebt. Wenn sie immer neue Sichtweise ermöglicht, wenn sie in Bewegung bringt, wenn sie Festgefahrenes aufbricht, blinde Flecken aufdeckt und verschiebt, neue Perspektiven ermöglicht… dann ist sie eine lebendige und keine tote Metapher (Haverkamp 1996).
Aber wie wirken heute das Leben und die Gleichnisse von Jesus auf uns. Predigten und Theologie werden von den meisten Menschen als so dermaßen tote Metaphern empfunden. Und auch dieses ganzen Genre, an neuen Gleichnissen und Geschichten, die in ihrer literarischen Schli(e)chtheit schon schmerzen, und einfach nur eindimensional sind, weil sie nur ein pädagogisches Mittel sind um festgelegte Einsichten und Dogmatik zu vermitteln. Und allein das Christsein etwas mit konservativ zu tun hat, geht dem schon per se einem lebendigen Metaphern-Verständnis entgegen.
Aber genau diese Aufgabe hat der Sohn, er will lebendig machen, indem er das Selbst eines jeden Menschen aufbrechen will, das konservative Festhalten an Werten und dem was man hat und so gelernt hat, das will er zerstören und dann tatsächlich aufbrechen lässt in einem Aufbruch ins Leben. Was nicht mehr verstellt ist von den Vorstellungen, die ich mir von meinem Leben mache. Sondern das Leben so nimmt, wie es ist: unvorhersehbar, gebrochen, unverhofft schön im Kleinen, zärtlich verletzlich, brutal und abweisend, ganz leise innige geborgen zu sein in kältester Einsamkeit, die größte Liebe im Leben des eigenen Kindes zu spüren, was im nächsten Augenblick tot in den eigenen Armen liegt und jedes Verstehen und jeden Sinn zerreisst, und zerbrochenen Lieben, die in ihrer Sehnsucht ein Leben lang bestehen bleiben… genau das ist lebendig im Vater und im Sohn und im Heiligen Geist sein, der weht wo er will und mit dem wir durchs Leben geworfen werden und dann doch irgendwann wie Jesus im Kreuz versöhnt werden… schreiend „Mein Gott, wozu hast du mich verlassen?“ und unseren Geist aufgeben…
5, 24-40
Amen, Amen, ich sage euch, wer mein Wort hört und an den glaubt, der mich ausgesendet hat, wird ewiges Leben haben und wird nicht ins Gericht kommen, sondern ist hinübergegangen (aufgehoben) vom Tod ins Leben./ Amen, Amen, ich sage euch, es gibt die Stunde - und diese ist jetzt - wo die die Toten hören die Stimme des Gottessohnes und die hierauf hören, werden leben./ Denn so wie der Vater Leben aus sich selbst heraus hat, ebenso hat er dem Sohn gegeben, Leben aus sich heraus zu haben./ Und er hat gegeben das Gericht auszuführen, da er der Menschensohn ist./ Wundert euch nicht, dass die Stunde kommen wird, in der alle, die in den Gräbern (unserer Erinnerung) sind, hören auf seine Stimme/ und heraustreten werden die, die Gutes getan haben, zum Aufbruch ins Leben. Die aber das Schlechte gemacht haben, zum Aufbruch ins Gericht (in die Trennung)./
Nichts kann ich tun aus mir selbst heraus: So wie ich höre, richte ich. Und auf diese Weise ist mein Gericht gerecht, weil ich nicht meinen Willen suche, sondern den Willen, der mich gesandt hat./ Bezeuge ich mich selbst, so gilt mein Zeugnis nicht als Wahrheit./ Ein anderer bezeugt mich und deswegen ist dieses Zeugnis wahr, womit er mich bezeugt./ Ihr habt zu Johannes gesandt, und er hat die Wahrheit bezeugt./ Für mich gilt zwar dass Zeugnis eines Menschen nicht, aber ich erzähle euch von diesem Zeugnis, damit ihr gerettet werdet./ Er war eine Leuchte, die brennt und scheint. Ihr aber wolltet euch nur eine Zeit lang von diesem Licht faszinieren lassen./
Ich habe aber ein Zeugnis, das größer ist, als das des Johannes. Das sind die Werke, die mir vom Vater übergeben werden, und ich muss sie vollenden./ Diese Werke, die ich getan habe, zeugen für mich, dass mich der Vater gesandt hat./ Und der Vater der mich ausgesandt hat, er hat so mich bezeugt. Seine Stimme aber habt ihr nicht gehört, genauso wenig habt ihr sein Antlitz gesehen./ Und sein Wort habt ihr nicht bleibend in euch (nicht verinnerlicht/realisiert), da ihr dem, der gesandt worden ist, nicht glaubt./ Ihr durchforscht die Schriften, da ihr vermutet dort das ewige Leben zu finden - aber auch sie sind nur Zeugnisse für mich./ Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, um Leben zu haben./
Jesus baut hier wieder eine Kette auf: denn wer sich an sein Wort hält, hält sich damit an den Vater, weil Jesus nur das sagt und tut, was der Vater tut und genau hierdurch geht man hinüber ins Leben. Tod ist demnach dem eigenen Willen und Interessen zu folgen, und damit in der Regel der eigenen Kurzsichtigkeit und Illusionen. Leben ist der Wahrheit zu folgen, d.h. Jesus und dem Vater. Und diese Entscheidung, dem Vater und nicht dem eigenen Willen zu folgen, ist nicht irgendwann, sondern diese Stunde ist jetzt. Es geht nicht darum, dass ich nach meinem körperlichen Tod vor das Gericht gezehrt werde, um dann entweder eine Verlängerung im Himmel oder in der Hölle zu erhalten. Es geht darum in diesem irdischen Leben, jetzt in diesem Augenblick, was eigentlich kein Leben, sondern der Tod ist, ins Leben überzutreten. Vom getriebenen Toten des eigenen Willens bzw. der Anerkennung durch die anderen, hin zum Lebenden, der sein wirkliches Selbst aus der Bestimmung, der Aufgabe und dem Ruf des Vaters führt, der ihm überhaupt auch das erste Leben schon geschenkt hat.
Und dies zu entscheiden, dafür ist der Sohn in die Welt gekommen: er hält Gericht, indem ich mich von ihm jetzt anblicken lassen. Und in diesem Blick auf einmal selber unverstellt sehe, was ist gut und was ist schlecht an meinem Leben. Und umso häufiger ich mich anblicken lasse von IHM, desto mehr blinde Flecken fallen von mir - aber damit fallen halt auch die Vorstellungen immer weiter weg, die ich mir von mir selber machen. Das Bild, was ich von mir gemacht habe, löst sich immer mehr auf, die Anerkennung über das familiär und beruflich Erreichte, die interessanten Hobbys, die Persönlichkeit, Bildung alles letztlich egal und Illusion. Ich werde immer mehr zu einem Kind, was nichts hat, was quasi zu verkaufen wäre und womit man gesellschaftlich Punkten kann, außer dass es einfach nur da ist. Alles Seiende zerfällt und es ist nur noch Dank in das Sein hinein (um an Heidegger etwas anzuschließen).
Aber Jesus spricht hier auch das Problem an, warum man an ihn glauben sollte. Denn warum sollte man davon ausgehen, dass das wahr ist, was er sagt? Die Juden halten ihn für einen Scharlatan und Gotteslästerer - und warum sollten sie damit nicht Recht haben?
Jesus sagt deutlich, dass es nicht ausreicht, wenn er von sich selber sagt, dass er die Wahrheit spricht. Denn dies macht jeder und am meisten beteuern dies die Lügner. Sondern hier gilt es, dass auch jemand anderes ihn bezeugt. Und ein solches Zeugnis liegt für Jesus durch Johannes dem Täufer vor, den die Juden selbst danach befragt haben. Allerdings ist dies ein unzulängliches Zeugnis. Für Jesus selbst, ist es wertlos, weil er allein die Bezeugung durch den Vater für sich braucht, und alles andere ist dagegen dunkles Ahnen aus zweiter Hand. Dennoch ist dieses Zeugnis durch Johannes wichtig, weil es zur Rettung der Menschen beitragen kann, indem dadurch der Weg zu Jesus eröffnet wird. Aber für die Juden ist dieses Zeugnis wertlos, weil sie es nicht annehmen, sondern Johannes nur als ein Kuriosum wahrnehmen, ein Zirkusattraktion, die wie die Wundertaten Jesu, nur der Unterhaltung dienen… sie lassen sich dadurch Zerstreuen in ihrer Sensationslust und lassen sich nicht Sammeln, indem sie sich wirklich in ihrer Tiefe darüber wundern, woraus Jesus und Johannes leben, was sie quasi nährt.
Und dies ist das eigentlich und wirkliche Wundern und deswegen auch das wirkliche Zeugnis und ein Schlüssel zu Jesus. Denn man muss wundernd sich anschauen, was Jesus tut. Und dieses Wundern erschließt demjenigen dann, dass die Taten Jesus nicht seine Taten oder die irgendeines Menschen sind, sondern der Wille des Vaters. Und der Wille des Vaters ist die Wahrheit.
Aber hier schlägt der Zirkel wieder in sich zurück. Denn anders als Johannes hat den Vater niemand gesehen oder gehört - und damit hängt wieder alles daran, Jesus zu glauben, dass er allein den Willen des Vaters ausführt, in dem was er tut.
Den Juden aber gelten die Schriften mehr als die Taten Jesus, weil sie überliefert sind und sie glauben, dass man hier das Heil finden kann. Aber auch die Schriften sind nicht vom Himmel gefallen, auch wenn man dies glauben machen möchte, sondern von Menschen geschrieben. Und zwar von verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen Zeiten - und damit heute eigentlich genauso möglich wie früher. Nur es waren eben Menschen, die sich in einer ganz grundlegenden Weise wundern konnten und sich so öffnen konnten zu einem ganz grundsätzliches Hören.
Aber diese Schriften sind keine Gebrauchsanweisung und kein Rezept, sondern sie vermitteln eine Haltung. Eine Haltung, in der sich die Autoren öffnen konnten, um dann dies in einer sehr eingeschränkten Form schriftlich zu fixieren. Und dann nicht als sachlich wissenschaftlicher Text, sondern als offene Poesie, als lebende Metapher, die je individuell immer wieder neu angeeignet und gehört werden muss (also das Gegenteil von Dogmatik und Moral).
Aber auch die Schriften sind nur Zeugnis für Jesus, weil sie sich für das geöffnet haben, wofür Jesus nun viel unmittelbarer steht. Das Problem besteht darin Jesus als Person zu folgen und nicht eine fixierte Lehre zu erlernen - es geht um Leben, nicht um ein Denkgebäude.
Und hier besteht auch eine interessante Parallele zum Zen, da dieser sich auch gegen die Fixierung auf Schriftliches versteht. Wo dort die Fixierung auf Sutren und Sastras kritisiert wurde und es um ein gelebtes Wahrheitsverständnis ging, was durch einen Zen-Meister in einer gelebten Praxis vermitteln wird, ist es bei Jesus ganz ähnlich. Die Tora, die Propheten, der Talmud, Midrasch etc. sind nur Hilfsmittel, es kommt darauf an dies zu leben… und keiner lebt dies aus der ganzen Fülle und Tiefe heraus wie Jesus, dem es dadurch zu folgen gilt.
5, 41-47
Verherrlichung von Menschen nehme ich nicht an, denn ich habe euch erkannt: Ihr habt nicht die Liebe zu Gott in euch./ Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht an. Wäre ein anderer gekommen im Namen seiner selbst, so hättet ihr ihn angenommen./ Wie könnt ihr glaubend werden, wenn ihr Verherrlichung nur voneinander nehmt und die Herrlichkeit aus Gott allein sucht ihr nicht?/
Geht nicht davon aus, dass ich euch beim Vater anklagen werde. Es ist Moses, der euch anklagt, als der, auf den ihr hofft./ Aber glaubt ihr noch nicht einmal seinen Schriften, wie könnt ihr meinen Worten glauben?
Jesus wendet sich nun dem zu, woher die Herrlichkeit und damit ja auch der Sinn und das Licht und das Leuchten der Welt kommt. Er sieht sich nicht durch die Menschen eingesetzt, also ist nicht der Mensch Ursache für seine Vollmacht, vielleicht eher als Bote und Überbringer der Herrlichkeit. Herrlichkeit kann damit nicht entstehen, wenn man nicht in der Agape zu Gott steht und sich in dieser Liebe mit Herrlichkeit immer wieder aufs neue beschenken lässt. Und da Jesus allein aus dieser Liebe zum Vater lebt, nichts aus sich selber nimmt, genau darin sieht Jesus den Grund, dass er nicht angenommen wird. Die Menschen glaube denen viel mehr, die vorgeben alles aus sich heraus zu schaffen, dass amerikanische Ideal vom Tellerwäscher zum Millionär. Dies ist glaubhaft?! Denn es schaffen nur wenige, meistens durch Skrupellosigkeit und Glück, und damit nicht aus sich heraus (und dieser Mythos ist einfach ein anderes Opium fürs Volk). Und dass diese Art von „Verherrlichung“ nicht wirklich ist, zeigt sich auch darin, dass sie sich ebenfalls in einem falschen Immer-Mehr ausdrückt… denn man ist nie der Reichste, Schönste, Klügste, Erfolgreichste… und das gleiche gilt für die Juden, denen Jesus hier begegnet, die sich moralisch übertreffen wollen, genauso wie in ihrem Eifer die Gesetze besser auszulegen und zu erfüllen als der Nachbar…
Jesus will diese nicht anklagen, sondern weißt sie darauf hin, dass diese Haltung schon Mose nicht entspricht. Sie können sich also auch direkt aus ihrer eigenen Weltsicht heraus kritisieren lassen, dafür ist Jesus von außen gar nicht nötig. Aber wenn sie schon den eigenen Schriften nicht glauben, dann können sie noch weniger Jesus glauben, der diese nur wahrhaft auslegt und lebt - he is making them explicit (im besten Sinne Brandom (1994)).